Donnerstag, Mai 31, 2007

lydia

»Vergiss mich nicht!« sagt sie, als sie aussteigt. Sie hat Tränen in den Augen und dreht sich ungefähr zwanzigmal um, um nochmal zu winken und mir zuzurufen, dass sie für mich beten wird.

Lydia ist sehr religiös. »Der liebe Vater im Himmel« passt auf sie auf. Auch jetzt gerade, wo sie aus ihrem Heim ausgebüchst ist, um eine kleine Tour durch Bayern zu unternehmen. Mit dem Zug.
Sie sagt, sie tut das öfter, weil die anderen im Heim ihr manchmal auf den Geist gehen - auch wenn das nicht sehr christlich von ihr ist.

Sie schnorrt sich eine Kippe von mir und geht im nächsten Abteil heimlich im Klo rauchen. Augenzwinkernd verrät sie mir, dass der Herrgott ihr das nicht übel nimmt. Ich glaub ihr das sofort.

Zwei Stunden lang quetschen wir uns in der Regionalbahn nebeneinander und Lydia erzählt mir ihre Lebensgeschichte. Dass Männer ihr Angst machen, dass sie als Kind sterilisiert wurde, dass ihre Baseballmütze sehr praktisch ist, dass sie eine Kurzhaarfrisur bevorzugt, seitdem ihre Haare grau und dick geworden sind und dass das Essen im Heim viel besser sein könnte.

Manches erzählt sie öfter, gerät dann vom Hundertstel ins Tausendstel, sprudelt fast über. Und manches wirft sie einfach so ein, völlig zusammenhanglos - zumindest verstehe ich den Zusammenhang nicht.

Lydias Welt ist einfach und schwer zugleich.
Für sie ist alles irgendwie in Ordnung, sogar die kleinen und großen Ärgernisse. Alles hat seinen Platz, seine Ordnung und seine Richtigkeit.
Man muss nur drauf schauen, das zu tun, was der liebe Herrgott für die Welt gewollt hat.
Und man darf dabei nicht vergessen, dass er ziemlich viel Humor hat und mit einem spitzbübischen Grinsen so manche Dummheit übersieht.
»Ein bisschen so wie der Karl Valentin.«

Versprochen, ich vergess' dich nicht.

Dienstag, Mai 29, 2007

leidenschaften

Eines der wenigen Phänomene, die mich immer wieder in Erstaunen versetzen können, ist die Situation, nicht nur etwas ganz Besonderes in etwas Alltäglichem zu sehen, sondern das auch noch mit einem besonderen Menschen teilen zu können.

Wenn man zum Beispiel mit seiner besten Freundin auf deren Balkon in der brütenden Pfingsthitze sitzt. Jeder in seine Zeitschrift vertieft, ab und an am Milchkaffee nippend oder gelegentliche Kommentare, Lacher und Diskussionen zum aktuellen Artikel austauschend, ansonsten aber in dieses seltene, angenehme Schweigen vertieft, das nur in Gesellschaft geht, und auch nur in ganz spezieller Gesellschaft.

Und als wäre das allein nicht schon selten und schön genug, zieht auch noch ein Unwetter auf.
In Zeitlupe schiebt sich eine wulstige Wand dunkelgrauer Wolken von Süden her direkt auf den Balkon zu.
Wir sehen beide auf und lauschen dem lauter werdenden Rascheln der Blätter, dem langsamen Verstummen der Vögel und Insekten. Wir beobachten die enormen Luftmassen, die sich unbeirrbar nach Norden schieben, Schatten auf den Balkon werfen und die Markisen und Äste ringsum zum Flattern bringen.

Es ist fast unheimlich, aber dieses kindliche Entzücken über das nahende Gewitter, das in mir hochkommt, das kann ich auch bei Claudi spüren. Wir schauen uns an und entdecken die Vorfreude im Gesicht des jeweils anderen.

Eine Stunde dauert das Spektakel. Wir stehen da, beobachten wie die Wolken nahen, wie ein Platzregen die Straßen überschwemmt, wie die Besucher der Bergkirchweih klitschnass nach Hause ra(d)se(l)n, wie die flatternde Markise uns und unsere Milchkaffees verwässert, wie der Wind langsam nachlässt und die Sonne wieder hervorkommt, um gnadenlos weiter auf uns herab zu brennen.

Gewitter sind eh schon toll. Aber das war ganz besonders.

Samstag, Mai 26, 2007

natur entdecken

Hollunderblueten
Ich erinnere mich, dass ich als Kind der festen Überzeugung gewesen bin, Tomaten bestünden aus Wasser, roter Farbe und ein wenig Substanz wie Haut und Kernen.
(Ich war meiner Zeit lange voraus, damals gab es bei uns selten Holland-Tomaten!)

Neulich hab ich Hollunderblüten für leckerschmecker Hollerküchle gepflückt und stand da mit einem großen weißen Strauß Dolden in der Hand, als mein Neffe ankam und mich mit großen Kulleraugen fragte:
»Machst du daraus jetzt Blumenkohl?«

Vermutlich liegt es einfach in den Genen.

Sonntag, Mai 13, 2007

Fliegen

»Wie seid ihr denn jetzt hierher gekommen!?!?«
»Wir sind mit einem gelben Engel mit geflogen.«

Autopannen sind nur halb so nervig wie Umzüge. Ehrlich.

Dienstag, Mai 01, 2007

mein vater, der held

Jetzt hab ich endlich meine beiden liebsten Dinge in einem Zimmer vereint. Meinen PC und mein schönes, großes, neues Bett.

Ich stehe also glückselig inmitten des ansonsten noch chaotischen Zimmers, als mir einfällt, wo genau meine WLAN-Antenne sich befindet. Nämlich ca. 300km weiter nördlich. Doof.

Gut, wenn man ein Allroundgenie in der Familie hat. Mein Heldenpapa hat nämlich die letzten Stunden damit verbracht, mir aus 2 Kabeln eines zu schnitzen, zu löten und zu zwirbeln, dabei geduldig ca. 1 Milliarde dummer Fragen meinerseits beantwortet und mich letztendlich heil ins Internet und sich - ebenfalls heil - in ein neues Lebensjahr gebracht.

Deswegen an dieser Stelle ein besonders herzliches
ALLES GUTE ZUM GEBURTSTAG, PAPA!

Und weil ich ja kein Unmensch bin ein besonders liebes
ALLES GUTE ZUM GEBURTSTAG, BELBELBELPEREL! ;o)


So. Ich geh jetzt Pornos gucken. Internet is so toll. *strahl*