Mittwoch, Februar 14, 2007

almosen

So viel weiß ich auch aus dem bayerisch-katholischen Religionsunterricht noch:
Almosen sind in vielen Religionen Pflicht. Im Islam zum Beispiel. Oder bei den Buddhisten.
Selbst die Katholiken rechnen Almosen zur Nächstenliebe - auch wenn die weit weniger subtilen Jenseitsabrechnungen mir hier so gar nicht gefallen.

Es ist ja auch gar nichts gegen das Prinzip des Teilens einzuwenden. Wenn ich von etwas (zu) viel habe und ein anderer nichts, dann kann ich was abgeben. Ein sehr sozialer Gedanke. Und beide profitieren davon, halt auf unterschiedliche Arten.

Und trotzdem ist das Wort »Almosen« bei mir total negativ konnotiert. So ähnlich wie »Mitleid«.
Das bezeichnet hierzulande auch schon längst nicht mehr das Mitfühlen-Können, die aufrichtige Anteilnahme am Leid des Mitmenschen, und Almosen werden zunehmend zwischenmenschlich verteilt. Das Mitleid-Haben und Almosen-Geben ist sozial instrumentalisiert worden, wurde zu einem unanfechtbaren und über alle Zweifel erhabenen Machtinstrument.

Der Mitleidende und der Almosengeber, das sind die Überlegenen. Ob nun finanziell, politisch oder auch emotional. Sie haben die Fäden in der Hand, sie stehen über anderen. Und das demonstrieren sie mit Almosen - ein freundliches Lächeln (von oben herab), ein flappsiges »Komm, ich spendier' dir die Currywurst!« in der Kantine, tausend Gesten, die ihre eigene Überlegenheit zementieren sollen - und gegen die man sich so schlecht wehren kann.

Was kann man einem schon groß ankreiden, der nett ist? Der etwas spendiert? Soll man ihm Großzügigkeit vorwerfen? Wohl kaum. Zudem traut sich auch kaum einer, sowas abzulehnen - man will ja nicht unhöflich sein. Sofern einem überhaupt die Wahl gelassen wird.

Aber die Fassade der Unanfechtbarkeit bröckelt, liebe Almosen-Spender.

Das, was viele Empfänger nämlich so wütend macht, wenn ihr großspurig euer Geld, euer Zahnpasta-Lächeln oder eure Zuneigungsbekundungen verteilt, das ist der mangelnde Respekt und die Degradierung des Anderen, die ihr damit praktiziert.

Eure Spenden implizieren die Unterstellung, der andere hätte »es nötig«. Als wäre er ohne euch nicht fähig, soziale Kontakte zu knüpfen oder sich die Currywurst zu leisten. Als wäre er auf euer Wohlwollen angewiesen, um in der großen, bösen Welt nicht sang- und klanglos unterzugehen. Als könnte er nicht selbst entscheiden, was für ihn besser wäre - oder schlechter (und sich darin wenigstens selbst irren).

Tut der Welt einen Gefallen und denkt euch eure Gutmensch-Aura mal weg. Wie viel ist dann noch echt und aufrichtig an euch?

Jemand, der zu Besuch kommt und das mitbringt, was er selbst gern gleich verputzen will (und wird *g*), der ist echter, aufrichtiger und sympathischer als jeder Idiot, der anderen nette Dinge vorlügt.

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